Pflegekräfte Mangel in Deutschland – das sind die Folgen

Ausbildungen im Bereich der Pflege oder im medizinischen Sektor sind vielfältig. In Deutschland können Interessierte im Pflegewesen einerseits die Ausbildung zum Altenpfleger und andererseits die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger gewählt werden. Leider besteht bereits seit Jahren in Deutschland ein Pflegenotstand. Ein Pflegekräftemangel liegt dann vor, wenn nicht genügend Arbeitskräfte vorhanden sind, um über einen längeren Zeitraum die Nachfrage nicht decken zu können. Der Pflegenotstand bezeichnet also den Versorgungsengpass in der Alten- und Krankenpflege.

Pflege in Deutschland

Pflegesituation in Deutschland

Deutschland unterliegt seit Jahren einem demografischen Wandel. Darunter versteht man Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung hinsichtlich Faktoren wie der Altersstruktur, Geburten- und Sterbezahlen. In Deutschland werden aufgrund des hohen Lebensstandards und sehr guter medizinischer Versorgung Menschen immer älter. Je höher das Alter eines Menschen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er ab einem bestimmten Punkt nicht mehr selbstständig für sich sorgen kann und darauf angewiesen ist, spezielle Pflegedienstleistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Zeitgleich ist in Deutschland in den letzten Jahren und Jahrzehnten aufgrund verschiedener Faktoren die Geburtenrate immer weiter zurückgegangen. Das bedeutet, dass immer mehr Menschen gepflegt werden müssen, aber immer weniger Nachwuchs in den Pflegeberufen ankommt. Dies führt bereits heute zu einem massiven Pflegenotstand in Deutschland.

Die Zahl derer, die jährlich eine Ausbildung im Pflegebereich beginnen, ist stetig hoch. Allerdings steigt auch die Zahl derer, die die Ausbildung abbrechen oder nach einigen Jahren im Beruf umschulen. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Einigkeit besteht jedoch darin, dass in sämtlichen Pflegeformen, ob stationäre oder ambulante Pflege große Probleme in den Bereichen Personaldecke und Bezahlung vorherrschen.

Arbeitsbedingungen

Die Arbeitsbedingungen im Bereich der Pflege stehen immer wieder in der Kritik. Zentrales Thema ist dabei oftmals der sogenannte Pflegeschlüssel. Dieser bestimmt die Zahl der Personen, die eine Pflegefachkraft zu versorgen hat. Neben der hohen Anzahl an zu versorgenden Personen kämpfen Fachkräfte auch mit dem Problem, zeitintensive Tätigkeiten übernehmen zu müssen, die unkompliziert auch von nicht spezialisierten Pflegehelfern übernommen werden könnten. Auch der Anteil an Bürotätigkeiten in der Pflege ist in den letzten Jahren gewachsen. Sämtliche vorgenommene Tätigkeiten oder Beobachtungen müssen zu Beweiszwecken sorgfältig und zeitintensiv dokumentiert werden. Zu der hohen Arbeitsbelastung und körperlichen Anstrengung kommt auch die emotionale Belastung. Der Pflegeberuf bietet auch hohe psychische Anstrengungen. Oftmals fehlt es auch an Wertschätzung aller Beteiligten. Das lässt viele Menschen dem Beruf den Rücken kehren. Folge ist zudem ein hoher Krankenstand im Pflegebereich.

Finanzierungssystem der Pflegeeinrichtungen

Immer wieder werden Stimmen laut, dass die Gehälter für Pflegeberufe angehoben beziehungsweise der Belastung angepasst werden müssen. Wenn Gehälter steigen, steigen vermutlich auch alle anderen Kosten. Pflege muss aber für die Betroffenen oder die Angehörigen bezahlbar bleiben. Die Kosten für einen Pflegeheimplatz zahlt in der Regel die Pflegekasse oder eine privat abgeschlossene Pflegeversicherung. Übrig bleibt ein Eigenanteil. Dieser bestimmt sich je nach Höhe des Pflegegrades. Der jeweilige Pflegegrad bestimmt sich danach, wie sehr ein Mensch in seinem Alltag und in seiner Gesundheit eingeschränkt ist. Die Schwere der Beeinträchtigung bestimmt die Höhe des Pflegegrades und somit auch die Höhe des Zuschusses für die Unterbringung in einem Pflegeheim. Sind keine ausreichenden finanziellen Mittel vorhanden, können sich Betroffene unter Umständen an das Sozialamt wenden.

Ursachen

Eine Ursache für den Pflegekräftemangel ist der demografische Wandel. Die steigende durchschnittliche Lebenserwartung und der fehlende Nachwuchs führen zu einem erhöhten Bedarf an Pflegepersonal, aber nur zu wenigen Fachkräften. Somit wird die Versorgungslücke immer größer und ein Ende ist nicht in Sicht. Der fehlende Nachwuchs führt zudem dazu, dass die ohnehin oftmals schlechten Arbeitsbedingungen noch schlechter werden. Offene Arbeitsstellen bleiben zu lange unbesetzt. Die Arbeit wird aber nicht weniger. Demzufolge werden die anfallenden Arbeiten auf die verbliebenden Mitarbeiter aufgeteilt.

Auch das Gesellschaftssystem trägt zum Problem des Pflegenotstandes bei. Nach dem Abschluss verspüren viele Abiturienten den Druck, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Einige nutzen auch Ausbildungen in der Pflege, um die Wartezeit auf einen Studienplatz für Medizin sinnvoll zu überbrücken. Demzufolge wandern ausgebildete Fachkräfte in andere Berufe ab.

Zudem wird Pflege mittlerweile gänzlich auf externe Dienstleister ausgelagert. Wo vor einigen Jahren noch viele Angehörige die Betroffenen selbst gepflegt haben, sind heute viele Menschen gänzlich auf Betreuungsangebote von Pflegeheimen oder Seniorentagesstätten angewiesen, denn oftmals müssen Alleinstehende oder Ehepaare in Vollzeit arbeiten, um ihre finanzielle Existenz zu sichern. Es ist vielfach nicht möglich, beruflich kürzerzutreten, um Zeit für die Pflege von Angehörigen zu finden.

Folgen für Patienten und Mitarbeiter

Der Pflegenotstand hat hohe Auswirkungen auf die Patientenversorgung. Patienten haben das Gefühl, nur abgefertigt zu werden und müssen einfache tägliche Tätigkeiten länger warten. Es existieren zudem Studien, die belegen, dass mit erhöhter Arbeitslast des Personals auch die Mortalität unter den Patienten steigt.

Um die angespannte Situation in Pflegeheimen zu entgehen und den Betroffenen möglichst lange eine hohe Lebensqualität zu bieten, schauen sich einige Angehörige bereits nach ausländischen Pflegekräften um, um die Betroffenen bezahlbar und in der häuslichen Umgebung pflegen lassen zu können. Hier fehlt es massiv an der Unterstützung bei der Vermittlung von Pflegekräften.

Auch die Mitarbeiter bekommen die vielen Folgen des Fachkräftemangels hautnah zu spüren. Die hohe Arbeitsbelastung führt langfristig zu psychischen Schäden und kann beispielsweise einen Burn Out hervorrufen. Auch die massive körperliche Anstrengung kann zu chronischen Schmerzen und Folgeschäden führen. Nicht zu unterschätzen ist zudem die mentale und emotionale Belastung. In Pflegeberufen arbeiten in der Regel Personen, die der innere Wunsch antreibt, anderen Menschen zu helfen, wenn sie selbst oder andere nicht mehr helfen können. Wenn auf eine Pflegekraft mehrere Patienten fallen, erhöht sich der Druck und die Zeit, die das Personal mit den Patienten verbringt, verringert sich auf das pflegerische Minimum. Gerade Personen, die ans Bett gefesselt sind, sind oftmals einsam, haben Redebedürfnis. Dies aufgrund von Zeitdruck nicht erfüllen zu können, stellt eine enorme emotionale Belastung auch für das Pflegepersonal dar.

Ausblick und Lösungsansätze

Der Pflegenotstand ist ein zentrales Thema der Gesundheitspolitik und doch fehlt es bisher an konsequenten politischen Reformen. Der Pflegeberuf an sich müsste attraktiver gestaltet und dem Personal bessere karrieretechnische Aufstiegschancen ermöglicht werden. Zudem müsste dem Pflegepersonal gezielt die Verantwortung übertragen werden, die eben auch ihren Qualifikationen entspricht. Für einfachere Tätigkeiten, für die keine Spezialkenntnisse notwendig sind, müssten vermehrt Pflegehelfer oder Unterstützungspersonal eingestellt werden. Der Pflegenotstand stellt ein großes Problem dar, das sich in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich noch massiv vergrößern wird.